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Sprung in die Selbständigkeit
aus 4.000 Metern Höhe
ph, Mittwoch, 7. Juli 2010, 14:50

Sonntag, 4. Juli 2010 – Ich sitze auf dem Boden eines winzigen Zwei-Propeller-Flugzeuges, eingeklemmt zwischen Fallschirmspringern und deren Fallschirmen, eine lächerliche Lederhaube auf dem Kopf. Ruckelnd, wankend und holpernd arbeitet sich die Maschine – immerhin angeblich das schnellste Absetzflugzeug Europas – in die Lüfte.

„Auf dieser Höhe werden wir nachher den Fallschirm öffnen,“ erklärt mir Tandem-Master Roland und deutet auf den Höhenmesser an seinem Handgelenk. 1.500 Meter. Aber noch sind wir lange nicht auf Absetzhöhe.

Gerade als mein rechter Unterschenkel einzuschlafen droht, bedeutet „Roli“, wie er von seinen Kollegen genannt wird, mir, mich auf seinen Schoß zu setzen, damit er mich mit dem Gurtzeug fest an sich schnallen kann. Ich fädle meine Beine aus dem Knäul fremder Extremitäten und wurstle mich mühsam auf die Beine.

Nun kann ich auch endlich aus einer der Luken nach draussen blicken. Irgendwie ist das doch schon relativ hoch. Wie gut, dass ich jetzt an Roland und damit einen Fallschirm inklusive -springer festzurrt bin, denke ich. Sonst würde ich in diesem kleinen Flugzeug sicher panisch.

3.000 Meter. Die Gurte werden nochmal enger gezogen, der Sitz von Haube und Brille überprüft. Roland geht mit mir noch einmal die wichtigsten Instruktionen durch.

4.000 Meter. Die Türe des Flugzeuges wird geöffnet. Nun kommt plötzlich Leben in die bislang mehr oder weniger reglos in den Laderaum eingeklemmten Fallschirmspringer. Brillen werden aufgesetzt, das Gurtzeug ein letztes Mal überprüft, Handschläge getauscht.

Die ersten Solo-Springer lassen sich in die Tiefe fallen. Auch Roland und ich stehen auf und bewegen uns im Doppelpack in Richtung Ausgang. Spätestens jetzt, denke ich, wird die erwartete Panik einsetzen. Aber nichts.

Das Tandem-Paar vor uns springt aus dem Flugzeug, und schon stehen wir direkt an der Schwelle und ich blicke zum ersten Mal direkt in den 4.000-Meter-Abgrund, in den ich mich gleich werfen werde. Noch immer keine Angst. Im Gegenteil: Ich fühle mich völlig sicher, wie ich so an meinen Tandem-Instruktor gekettet in der Türe stehe und der Wind um meine Ohren weht. Ich kann es kaum erwarten, zu springen.

„Ready – Set – GO!“

Auf sein Kommando mache ich einen Sprung nach links in die gähnende Leere. YEEHAW!

Wie mit Roland zuvor ausgemacht nehme ich die Freiflug-Haltung ein – Bauchlage, leichtes Hohlkreuz, Arme nach außen, Füße zum Gesäß gewinkelt. Es fühlt sich ganz natürlich an, ganz selbstverständlich.

Nun geht es mit 200 Stundenkilometern auf die Erde zu. Ein unbeschreibliches Gefühl! Etwa 50 Sekunden dauert der freie Fall. Ich genieße jede einzelne. Angst? Warum sollte ich Angst haben? Roland weiß schon was er tut, denke ich, und fühle mich so sicher wie in Abrahams Schoß. Fasziniert schaue ich immer wieder auf seine Hände, mit denen er in der Luft lenkt. Mit welch kleinen Bewegungen hier oben gesteuert wird!

Für einen kurzen Moment bleibt mir der Atem weg, aber nicht aus Angst, sondern aufgrund der hohen Geschwindigkeit, die zu viel Luft in mich zu pumpen scheint. Ich bewege den Kopf ein wenig, und schon geht es wieder.

Und dann spüre ich auch schon, wie wir ganz leicht absacken (oder fühlt es sich nur so an?) und weiß, dass nun der Fallschirm aufgehen wird. Ich halte mich an meinen Schultergurten fest, um den Ruck abzufedern, der uns gleich darauf nach oben reißt.

Ein kurzes Rascheln und dann … Stille.

Ich hatte den Lärm gar nicht richtig wahrgenommen, den der Fahrtwind zuvor gemacht hatte. Aber nun, in den Gurten des Fallschirms hängend, ist es plötzlich unglaublich ruhig.

Jetzt können Roland und ich wieder miteinander kommunizieren. „Wie geht's?“ fragt er mich. Was soll die Frage? Großartig! Wunderbar! Unbeschreiblich! Ich möchte vor Freude schreien! So also fühlt sich der berühmte Adrenalin-Rausch an. Ich beschließe hier und jetzt, zum Junkie zu werden.

Einmal noch wird mir kurz mulmig, als Roland die Riemen etwas weiter macht, die uns aneinander binden. Hoffentlich sind die noch fest genug, denke ich, und lasse mich sehr vorsichtig in das gelockerte Gurtzeug sinken.

Dann geht es in langsamem Gleitflug nach unten, wo ich bereits die ersten Springer auf dem Landeplatz stehen sehe. Wir drehen ein paar Kurven und flattern schließlich auf den Zielkreis zu. Wie vereinbart strecke ich die Füße nach vorne, während Roland sicher landet. Schon stehe ich wieder mit beiden Beinen am Boden, nehme Brille und Haube ab und klatsche mit meinem Tandem-Master ab.


Den Tandemsprung habe ich mir anlässlich meiner Unternehmensgründung selbst geschenkt. Ein Jugendtraum, den ich mir nun endlich erfüllt habe: als Zeichen, Zäsur und „Übergangsritus“.

Erst am nächsten Tag fand ich heraus, dass mein Tandem-Master wie ich Coach und Trainer ist. So bin ich also mit einem Kollegen in die Selbständigkeit gesprungen. Wie cool ist das denn?

Wer jetzt auch Lust auf einen Tandemsprung bekommen hat, kann sich auf dieser Seite näher informieren: http://paraclub.at/

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Petra Hennrich
Grafikerin, systemische Coachin, Trainerin, Künstlerin
Kaiserstrasse 96/V, 1070 Wien, Tel.: 0660 34 09 471
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